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Bewegungsfalle Büroarbeit

Frieda Stoverink

Veröffentlicht:

Kategorie: Employee Experience

7 Min. Lesezeit
Bewegung am Arbeitsplatz

Das Arbeitsumfeld an einem klassischen Büroarbeitsplatz ist häufig so ausgelegt, dass wir zur Bewältigung unserer Arbeitsaufgaben an einem Tisch vor einem Bildschirm sitzen. Nahezu alle Aufgaben lassen sich auf einer Fläche von 1,5 Quadratmetern erledigen. Die Bewegungen, die wir über 8 Stunden täglich tätigen, beschränken sich damit auf eine ausgedehnte Fingergymnastik an Tastatur und Maus, die Aktivierung unserer Gesichtsmuskulatur für Sprache und Mimik sowie die Mobilisierung unserer Halswirbelsäule durch ab und an gelangweiltes Umherschweifen der Blicke. Auch am Arbeitsplatz im eigenen Heim, im Homeoffice, sind unsere Bewegungsmöglichkeiten zur Erledigung der Arbeitsaufgaben auf ein ähnliches Maß beschränkt. Ohne Eigeninitiative kann das Umfeld der klassischen Büroarbeit somit schnell zur Bewegungsfalle werden. Zur Bewegung zwingen uns höchstens eine schwache Blase oder das Bedürfnis nach einem Heiß- oder Kaltgetränk. Wer sich nicht bewegen möchte, muss das auch nicht. 

Der Mensch ist gemacht, um sich zu bewegen und seinen Körper zu nutzen. Tagtäglich arbeitet unser Körper für uns. Er bringt uns über den Tag und stellt uns die Energie zur Verfügung, die wir benötigen. Aber damit unser Körper seinen Aufgaben auch bis ins hohe Alter gerecht werden kann, ist es von größter Bedeutung ihm ein wenig entgegenzukommen. Für den Erhalt unseres Wohlbefindens sollten wir unserem treusten Lebensbegleiter unbedingt seine Bedürfnisse erfüllen. Unser Körper ist dynamisch. Besonders ein Mangel an Bewegung bedeutet für ihn Degeneration und Verfall. 

Risiken mangelnder Bewegung 

Wenn wir uns im Alltag wenig bewegen, bedeutet das nicht nur, dass wir uns vielleicht energielos fühlen, ab und an mit einem verspannten Nacken oder Rückenschmerzen zu tun haben oder sich an der ein oder anderen Stelle ein paar Fettpölsterchen ansammeln. Tragischerweise geht ein Mangel an Bewegung mit gravierenden Gesundheitsrisiken einher. Einige Studien bestätigen, dass jeder Tag ohne Bewegung unser Leben verkürzen kann.1

Wenn wir uns zu wenig bewegen, spüren wir häufig keine direkten gesundheitlichen Einschränkungen. Erstmal verkraften wir den Tag sitzend vor dem Bildschirm und nach Feierabend liegend auf der Couch sehr gut. Nach einiger Zeit baut sich jedoch unsere Muskulatur mehr und mehr ab, was bedeutet, dass sich Komplikationen wie Rücken- oder Gelenkschmerzen (dann auch vorübergehend bei Bewegung) einstellen können. Außerdem beginnt der Körper nicht benötigte Energie zu speichern. Der Stoffwechsel wird träger und unser Herzmuskel beginnt schwächer zu werden. Für die Bewältigung des normalen Alltags ist das erstmal alles nicht so dramatisch. Sind wir dann aber außerplanmäßig einer Belastung ausgesetzt, wie zum Beispiel schweren Hebearbeiten bei einem Umzug oder aber dem Sprint zum Bus, bergen diese für den Körper ungewohnten Situationen ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Langfristig besteht ebenfalls eine größere Gefahr, an Diabetes Typ II zu erkranken oder eine koronare Herzerkrankung zu erleiden.2 

Der einfachste Weg einem Mangel an Bewegung entgegenzuwirken und sich vor den Risiken zu schützen, ist also sein tägliches Bewegungsverhalten zu überprüfen und im Alltag mehr Bewegung zu integrieren.  

Risiken mangelnder Bewegung

Wozu überhaupt Bewegung und wie viel

Um sich vor den Risiken des Bewegungsmangels zu schützen, empfiehlt die WHO eine wöchentliche Bewegungszeit von 150 bis 300 Minuten in einer mäßig ausdauernden Belastung oder von 75 bis 150 Minuten in einer intensiven Belastung. Eine gleichwertige Kombination aus mäßiger und intensiver Belastung entspricht ebenfalls den Empfehlungen. Es ist wichtig, dass sich mithilfe der gewählten Bewegungsform der Energieumsatz deutlich über den Grundumsatz (Energieverbrauch, den der Körper am Tag ohne Bewegung benötigt) hinaus erhöhen muss, um eine gesundheitsförderliche Wirkung zu erzielen. Belastungen, die über diese Mindestanforderungen hinaus gehen, werden explizit empfohlen.3 

Mithilfe der Bewegung erhalten Muskeln, Sehnen, Knochen und Organe die nötigen Reize, um ihre Arbeit leisten zu können. Muskeln brauchen Bewegungsimpulse, um zu wachsen und vor dem Abbau geschützt zu werden. Mit ihrer Aktivierung können Rückenschmerzen vorgebeugt und das Verletzungsrisiko für außergewöhnliche Belastungen reduziert werden. Sehnen, Bänder, Knochen und Gelenke nähren sich von Druck und Zug. Sie werden stärker, indem wir uns bewegen und sie mit zusätzlichem Gewicht belasten. Je stärker diese Strukturen werden, umso besser sind wir vor degenerativen Erkrankungen im Alter, wie Arthrose (Verschleiß von Gelenken) oder Osteoporose (brüchige Knochenstruktur) geschützt. Auch unsere Organe benötigen Bewegung, um ihre tägliche Arbeit zu verrichten. Die Leber zum Beispiel versorgt unseren Körper mit Energie, stützt unsere Immunabwehr und ist für den Abbau von Fremdstoffen verantwortlich, womit sie uns vor Vergiftungen aus der Umwelt schützt.4 

Bewegung schützt uns insbesondere auf langfristige Sicht vor Einschränkungen unseres Gesundheitszustands. Damit bildet sie eine wichtige Grundlage der Altersvorsorge und ist ein bedeutender Präventionsfaktor. Aber was ist zu tun, wenn mein Büroalltag mich dazu zwingt, mich wenig zu bewegen und ich der Bewegungsfalle ausgesetzt bin?  

Es gibt zwei Optionen, die sich eignen, um den Arbeitsalltag auf die Bedürfnisse des menschlichen Bewegungsapparats abzustimmen: Entweder wird das Arbeitsumfeld an den Menschen angepasst oder der Mensch passt sich selbst an die Arbeitsumgebung an. 

Ergonomie neu denken

Der Begriff der Ergonomie ist bekannt, wenn es um die Anpassung der Arbeitsbedingungen an den Menschen geht. Mithilfe von Richtlinien werden Handlungs- und Bewegungsabläufe sowie der Arbeitsraum so gestaltet, dass gesundheitliche Risiken reduziert werden. Nach Norm sind am Bildschirmarbeitsplatz Stuhl, Tisch und Monitor nach den individuellen Voraussetzungen in der richtigen Höhe einzustellen. Maus und Tastatur sind in bestimmter Weise auf dem Tisch zu platzieren. Außerdem kann auch an der Art zu sitzen etwas falsch gemacht werden.5 

Der Mensch ist gemacht, um sich zu bewegen und seinen Körper zu nutzen. Das hatten wir bereits. Warum also den Fokus ausschließlich auf die Arbeitsumgebung zu legen, wenn das ergonomischste Mittel, das wir für unseren Körper haben, Bewegung ist? Es ist an der Zeit, Ergonomie neu zu denken, um nicht nur die Umgebung anzupassen, sondern auch die persönliche Anpassungsfähigkeit an die Belastungen der Arbeitsaufgaben zu fördern. 

Tipps und Tricks für mehr Bewegung im Büro- oder Homeofficealltag

Um der Bewegungsfalle des klassischen Bildschirmarbeitsplatzes – egal, ob im Büro oder im Homeoffice – zu entkommen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. 

Im Allgemeinen: 

  1. Nach jedem Telefonat kurz aufstehen
  2. Für einen Austausch, Fragen etc. zu den Arbeitskolleg:innen herüberlaufen, statt Mails zu schreiben oder anzurufen 
  3. Für Wasser ein Glas benutzen, um immer aufzustehen und es aufzufüllen, sobald es leer ist 
  4. Bewegung wie kurze Spaziergänge nach dem Essen in der Pause einplanen 
  5. Sich einen Timer für regelmäßiges Aufstehen stellen 
  6. Eine Abmachung unter Kolleg:innen vereinbaren, sich gegenseitig regelmäßig an Bewegung zu erinnern 

Im Homeoffice: 

  1. Kleinere (Bewegungs-)Pausen nutzen, um Hausarbeiten zu erledigen (Staubsaugen/-putzen, Wäsche machen) 
  2. Höhenverstellbarer Schreibtisch (falls finanziell möglich) 
  3. Ein Laufband für den Steharbeitsplatz nutzen, um während der Arbeit am Bildschirm langsam zu gehen (falls finanziell möglich) 

Zusammenfassend geht es darum, sich von seinem Stuhl zu erheben, um seinen Bewegungsapparat zu aktivieren. Welche individuellen Strategien hierzu entwickelt werden, spielt im Endeffekt keine Rolle. Esist ebenfalls bedeutend, auch nach der Arbeit Zeiten für Bewegung einzuplanen. Für die individuelle Bewegungin der Freizeit ist es wichtig, Bewegungsformen zu finden, die Spaß machen. Um dann zusätzlich den inneren Schweinehund zu überwinden, können auch im Alltag verschiedene Strategien hilfreich sein:Sich feste Termine für Bewegung setzen; die Sporttasche bereits mit zur Arbeit zu nehmen, um sich direkt im Anschlusssportlich betätigen zu können;Fitnesstrackermit Erinnerungsfunktion für ein tägliches Schritt– oder Kalorienverbrauchszielnutzen oder sich mit Freunden, Familie oder Arbeitskolleg:innen für sportliche Betätigung zu verabreden. 

Raus aus der Bewegungsfalle

Klassische Bürostrukturen mit der Arbeit an einem Bildschirm, im Sitzen und ohne die Notwendigkeit des Aufstehens verführen uns häufig dazu, in die Bewegungsfalle zu tappen. Wenn wir uns den Risiken des Bewegungsmangels bewusst werden, ist der erste Schritt getan, um uns den Folgen des Bewegungsmangels zu stellen. Individuelle Strategien können dabei helfen, sich über den Arbeitsalltag zu mehr Bewegung zu motivieren. Im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements haben wir uns bei impacx zum Ziel gesetzt, Ergonomie weiterzudenken. Bekannte Arbeitsstrukturen werden bewegungsfreundlicher gestaltet, um die Möglichkeiten des Bewegungsspielraums am Arbeitsplatz zu erweitern.

Quellen:

1 vgl. Chau, J. Y./Grunseit, A. C./Chey, T./Stamatakis, E./Brown, W. J./Matthews, C. E./Bauman, A. E./van der Ploeg, H. P. (2013), Daily sitting time and all-cause mortality: a meta-analysis, PloS one, 8. Jg., Nr. 11, e80000. 

2 vgl. Rütten, A./Abu-Omar, K./Lampert, T./Ziese, T. (2005), Themenheft 26 „Körperliche Aktivität“. 

3 vgl. World Health Organization (2020), WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour, Geneva. 

4 vgl. Glöckl, J./Breithecker, D. (2018), Active Office®. Der Arbeitsplatz als Bewegungsraum, 2. Aufl., Wiesbaden, Heidelberg. 

5 vgl. IPH gGmbH (2023), Ergonomie am Arbeitsplatz ganzheitlich gestalten, in: https://www.iph-hannover.de/de/dienstleistungen/fertigungsverfahren/ergonomie/, abgerufen am: 11.10.2023 

Frieda Stoverink
Über die Autor:in: Frieda Stoverink

Frieda ist Werkstudentin der Prävention und Gesundheitspsychologie. Fasziniert von der Möglichkeit den Gesundheitszustand mit firmeninternen Maßnahmen positiv beeinflussen zu können, begleitet sie impacx bei der Systematisierung des BGMs mit einer wissenschaftlichen Analyse.

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