Stille. Erfahrungen aus dem Upstalsboom Curriculum – Teil III
In dieser Artikelserie berichte ich über meine Erfahrungen als Teilnehmer des Upstalsboom Curriculums.
„Stille. Weil nur in ihr Veränderung entsteht“, so lautet der Titel eines Buches von Bodo Janssen, das dazu einlädt, jeden Monat zu einem bestimmten Thema in die Stille zu gehen. Und genau diese Stille steht im Mittelpunkt des nächsten Moduls im Upstalsboom Curriculum. Dazu kommen wir Teilnehmende, liebevoll Upstalsboomer auf Zeit genannt, an einem besonderen Ort zusammen, dem Upleven. Das Hotelkonzept verbindet die Routine und die Besinnlichkeit eines Klosters mit der weltlichen Atmosphäre eines Hotels. Ein Rückzugsort ohne religiöse Bezüge, auch wenn ich den (angenehm zurückhaltenden) Einfluss der Buddhistischen Tradition durchaus spüre. Das Hotel steht zwischen Bremerhaven und Cuxhaven direkt auf dem Deich – drumherum außer 2 Imbiss-Ständen und einem Krabbenkutter ist nichts. Am Eingang gebe ich meine Schuhe ab, schalte mein Smartphone in den Flugmodus und bewege mich fortan auf Socken durch die Eingangshalle, die eine wohlige Wärme ausstrahlt. Die Zimmer sind gemütlich und spartanisch eingerichtet. Kein Fernseher, kein WLan, so wenig Ablenkung wie möglich lautet das Credo. Wer möchte, kann vor und nach den Seminareinheiten in die Stille gehen. Der Meditationsraum ist bereits um 06:00 morgens geöffnet und schließt mit einer nächtlichen Meditation vor dem zu Bett gehen.
Reflexion ist stärker als Aktion
Der Schwerpunkt des Moduls des Upstalsboom Curriculums liegt auf der Reflexion der bisherigen Reise mit dem Ziel ins Handeln zu kommen. Im Arbeitsalltag laufe ich häufig auf Autopilot, hetze oftmals von einem ins nächste Meeting. Überziehe den einen – häufig schon den ersten – Termin, komme zu spät zum nächsten und versuche im Laufe des Tages wieder in einen geordneten Rhythmus zu kommen. Dazu steht der Leitsatz, der mich durch das dritte Modul begleitet, in einem starken Kontrast: Die Reflexion ist stärker als die Aktion. Den Gedanken habe ich das erste Mal von Götz Werner, dem Gründer der DM-Drogeriemarktkette, gehört. So richtig in der Tiefe begriffen habe ich diesen Satz womöglich damals nicht, doch so langsam beginne ich diesen besser zu verstehen. Wir arbeiten häufiger als in den vorherigen Modulen alleine, geben unseren Gedanken und Gefühlen Raum und gehen regelmäßig in die Stille. So schärfen wir über die 2 Tage unser persönliches Leitbild, dass wir in den ersten beiden Modulen entwickelt haben und bereiten uns darauf vor, ins Handeln zu kommen. Ich definiere kleine Schritte für mich, um meinem (beruflichen) Umfeld offener zu begegnen, mich als Mensch zu zeigen und nicht nur in meiner Funktion und Rolle. Als introvertierter Mensch durchaus eine Herausforderung für mich.
Wenn es still wird, geht der Lärm erst richtig los.
Eine besondere Erfahrung sind auch die gemeinsamen Mahlzeiten. Diese nehmen wir an einer langen Tafel ein. Die Schüsseln und Tabletts kommen in die Mitte und jede/r nimmt sich reihum. Mich erinnert die Szene an meine Kindheit, wenn wir als Familie gemeinsam zu Mittag oder zu Abend gegessen haben. Mit einer Ausnahme: Den Großteil der Mahlzeiten nehmen wir, zumindest während des ersten Teils, in Stille ein, bis unsere Seminarleitung das Zeichen gibt, die Stille aufzulösen. Einige Teilnehmende melden während des Seminars zurück, dass sie die Stille, insbesondere während des Essens, als besonders herausfordernd erleben. In der westlichen Welt wird Stille während sozialer Zusammenkünfte häufig als unangenehm empfunden. Schnell entsteht der Drang, etwas zu sagen, das Gespräch in Gang zu halten. Stille dagegen als willkommenes Geschenk anzunehmen, eröffnet eine ungewohnte und spannende Perspektive. Was macht die Stille so unerträglich? Für mich selber kann ich feststellen, dass es in der Stille erst so richtig laut wird – in meinem Kopf. Die Gedanken kreisen, die Selbstgespräche beginnen und die sind nicht immer angenehm. Es dauert häufig eine Weile, bis sich die Gedanken etwas beruhigen, sich der Sand in der trüben Suppe absetzt und die Wasseroberfläche klarer wird. In diesen Momenten entsteht Erkenntnis, nicht immer, nicht planbar, aber manchmal. Ich nehme die Frage für mich mit, wie ich Stille bewusster in meinen Arbeitsalltag einbauen kann.